Trendradar 5 vom 16. Februar 2022
Mehr und mehr Konsument*innen wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und wie diese erzeugt werden. Außerdem steigt die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen regionalen sowie sozial fair erzeugten Produkten. Die Konsument*innen haben ein steigendes Bewusstsein für die Bedeutung der heimischen Landwirtschaft und wollen auch aus Klimaschutzgründen kurze Transportwege und saisonale Erzeugnisse. Dafür sind die Konsument*innen zunehmend bereit, selbst Zeit in die Organisation der Kooperation zu investieren und Ernterisiken mitzutragen.
Bei einer solidarischen Landwirtschaft wird die gesamte Landwirtschaft finanziert und nicht nur das einzelne Produkt gekauft. Konsument*innen, die die Rolle von Ernteteiler*innen einnehmen, und Landwirt*innen bilden eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie teilen sich sämtliche Kosten der Produktion, das damit verbundene Risiko und die Ernte. Konkret bedeutet dies, Ernteteiler*innen zahlen einen jährlichen Fixbeitrag und erhalten dann einen Ernteanteil, je nachdem wie die Ernte in diesem Jahr war. Solawis können unterschiedlich aufgebaut sein, mit mehr oder weniger Einbeziehung der Ernteteiler*innen. Bei einer Solawi werden deutlich weniger Erzeugnisse weggeworfen, da auch nicht perfektes Obst und Gemüse abgenommen wird, wie z.B. krumme Karotten.
Bei einer Food Coop schließt sich eine Gruppe von Konsument*innen zusammen, die die Produkte direkt von lokalen Bauernhöfen bezieht. Zwischenhändler*innen werden dadurch ausgeschalten, Landwirt*innen erhalten faire Preise und auch Konsument*innen bekommen die Produkte oftmals günstiger als im Supermarkt. Gerade im ländlichen Raum sind Produzent*innen einer Food Coop häufig selbst Konsument*innen. Eine Food Coop ist vollständig selbstorganisiert. Dies kann sowohl in Form eines Vereines mit ehrenamtlichen Mitgliedern sein, welche sich um alle Belange kümmern (Bestellung, Lieferung, Lagerung), aber auch als professionell organisierte Kooperative. Jede Food Coop definiert ihre eigenen Grundsätze für die Lieferant*innenauswahl.
Konsument*innen werden in die Wertschöpfungskette integriert und somit selbst zu Produzent*innen. Die Landwirt*innen verpachten Parzellen ihres Landes mit bereits gesätem Gemüse. Sie erhalten einen Fixbetrag pro Fläche und übernehmen dafür die Bodenbearbeitung, Aussaat und oftmals auch die Bewässerung. Die Pflege und Ernte der Pflanzen wird von den Konsument*innen durchgeführt. Der Wert des Produktes und der Dienstleistung steigt in den Augen der Konsument*innen, da diese selbst in den Produktionsprozess eingebunden sind.
Bei einem Patenschafts-Modell wird ein festgelegter Betrag über eine bestimmte Periode (oftmals ein Jahr oder eine Saison) vorab gezahlt. Als Gegenleistung erhalten die Konsument*innen ein Lebensmittel-Paket und Zusatzleistungen. Patenschafts-Modelle eignen sich u.a. für Obstbäume (Produkte in Form von Obst, Saft, Marmelade), Gemüseparzellen ((Konsument*innen erhalten Gemüse dieser Parzelle), Hühner (Eier, Fleisch), Schafe, Ziegen, Kühe (Fleisch, Milch, Käse, Joghurt), Schweine (Fleisch, Speck) oder Bienen (Honig, Blütenpollen, Bienenwachskerzen). Zusatzleistungen umfassen u. a. Fotos, Berichte, eine Patenurkunde, Kochrezepte, die Beobachtung des Patentieres via Webcam oder einen Besuch am Hof.
Alternative Lebensmittelnetzwerke sind eine Chance, das Verhältnis zwischen Produzent*innen und Konsument*innen neu zu denken und zu praktizieren. Diese Formen werden oftmals von kleinstrukturierten Betrieben gewählt, die (zertifiziert oder nicht zertifiziert) biologisch produzieren und sozial fair arbeiten möchten. Sie werden aber genauso von konventionellen Betrieben genutzt. Der engere Kontakt und Austausch mit den Konsument*innen oder Ernteteiler*innen schafft bei Letzteren nicht nur ein höheres Bewusstsein für Lebensmittel, sondern auch eine Bereitschaft, den Betrieb oder die Initiativen mitzutragen. Fragen Sie als Produzent*in z.B. in Ihrer Gemeinde nach, ob Sie für eine solche Initiative Unterstützung erhalten (z.B. durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten oder von Flächen), da dies auch den lokalen Zusammenhalt stärken kann. Und fragen Sie auch bei Ihrer Landwirtschaftskammer nach, wie Sie diese dabei fördern kann.
Dr. Christina Plank, Kulturwirtin und Politikwissenschafterin an der BOKU
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