Alternativen zur Grünlandverwertung - innovative Wege in eine neue Zukunft

Die Milchviehhaltung ist für Sie nicht mehr rentabel? Sie suchen nach Alternativen, um Ihren Betrieb weiterführen zu können? In dieser Ausgabe des Trendradars beleuchten wir die aktuelle Situation der österreichischen Grünlandwirtschaft, zeigen auf, welche Bedeutung Grünland hat und worauf es hilfreich ist bei einer Umorientierung zu achten. Wie immer geben wir Beispiele von Betrieben, die diverse innovative Alternativen bereits erfolgreich umsetzen.

Trendradar 7 vom 6. September 2022

Was führt dazu, dass landwirtschaftliche Betriebe mit der Milchviehhaltung aufhören?

Viele Milchviehbetriebe, insbesondere kleine Betriebe in eher abgelegenen Lagen, kämpfen ums Überleben. Der technische Fortschritt ermöglicht es, mit weniger Betrieben eine höhere Milchmenge zu erzeugen. Gekoppelt mit dem Wettbewerb am internationalen Markt, drückt dies die Milchpreise. Am neuesten Stand der Technik zu wirtschaften, erfordert allerdings viel Geld und gerade für kleine Betriebe lohnt sich dies oftmals nicht. Der Arbeitsaufwand bleibt somit hoch. Der zusätzlich steigende Druck, von Anbindehaltung in Laufstall- oder Auslaufsysteme umzustellen, erfordert z.T nicht rentable Investitionen für Stallumbauten. Dies führt dazu, dass sich Betriebe umorientieren und neue Wege gehen.

Welche Auswirkungen hat dies auf die Grünlandflächen?

In Österreich standen 2021 insgesamt 2,5 Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbare Fläche zur Verfügung. Über 50% der landwirtschaftlichen Fläche war Grünland (Wiesen und Weiden, Almen und Bergmähder sowie Feldfutterbau). Zwischen 2000 und 2021 hat die Fläche von Dauergrünland allerdings um 24 % abgenommen (Grüner Bericht 2021). Dieses wurde entweder zu einem Acker, zu Bauland und anschließend versiegelt, verbracht oder aufgeforstet (BMNT 2019).

Der Flächenschwund geht großteils zu Lasten des extensiven Grünlandes – doch warum? In Gunstlagen ist zu beobachten, dass kleine Betriebe aufhören und große Betriebe diese Flächen nutzen, um zu wachsen. Schwer zu bewirtschaftende Lagen, wie etwa das Berggebiet, werden hingegen zunehmend uninteressant.

Warum ist die Erhaltung von Grünland wichtig?

Erhalt der Kulturlandschaft
Die österreichische Kulturlandschaft ist durch die land- und forstwirtschaftliche Nutzung über Jahrhunderte hinweg entstanden. Gerade im Berggebiet ist die Kulturlandschaft für die Erholungs- und Tourismuswirtschaft und die dafür nötige Infrastruktur von großer Bedeutung (Buchgraber et al. 2015).

Biodiversitätserhalt
Extensiv genutztes Grünland, wie Almweiden, Hutweiden und Bergmähder, weist eine hohe Artenvielfalt mit bis zu 115 Arten auf (Buchgraber et al. 2015). Darunter auch bestandsbedrohte Arten, wie die Brutvögel Braunkelchen, Kiebitz, Steinkauz und Zwergohreule (BMNT 2019). Vierschnittwiesen, Wechselwiesen und brachliegende Wiesenflächen sind die artenärmsten Nutzungstypen mit maximal 30 Arten. Ein- und Zweimahdflächen und Kulturweiden liegen dazwischen (Buchgraber et al. 2015).

Eindämmung von Naturgefahren
Durch die Alpung in Österreich gibt es einen hohen Anteil an Bewirtschaftung in alpinen bzw. hohen Lagen. Wenn Grünlandflächen in steilen Gebieten nicht gemäht werden und das Gras infolgedessen lang ist, führt dies leicht zu Erosionen und Lawinenabgängen.

Kohlenstoffspeicherung
Grünlandböden speichern im Humus CO2. Je nach Standort enthält der Boden im Grünland bis zu acht Prozent Humus. Der Humusgehalt im Grünland ist deutlich höher als jener auf Ackerflächen – aufgrund dessen kann hier knapp doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert werden.

Worauf ist es hilfreich bei einer Umstellung des Betriebes zu achten?

Eine Umorientierung ist mit Risiken verbunden, daher ist es ratsam im Voraus einige Überlegungen anzustellen und sorgfältig zu planen.

Standortangepasste Bewirtschaftung

Um die für Sie passende alternative Nutzung Ihrer Grünlandflächen zu finden, ist es wesentlich, sich zuerst Gedanken über die Charakteristika Ihrer Grünlandflächen zu machen. Folgende Fragen können dabei behilflich sein:

  • Wie ist das Gelände Ihrer Grünlandflächen (flach, steil, felsig, etc.) beschaffen?
  • Wie ist die Artenzusammensetzung Ihrer Grünlandflächen und somit die Futterqualität?
  • Welche Tierarten /-rassen sind für diese Bedingungen besonders geeignet?

Denken Sie hierbei auch an alte Rassen, die oftmals an die jeweiligen Standortbedingungen sehr gut angepasst sind.

Gerhild und Thomas Koch vom SHOAF-BAUER in Kärnten bewirtschaften maschinell schwer zu bewirtschaftende Flächen. Für eine standortangepasste Nutzung dieser Flächen haben sie sich für Schafhaltung entschieden. Sie produzieren Qualitätslammfleisch und Produkte aus Schafwolle wie Schafwollpellets als Gartendünger, Lamm- und Schaffelle, Heilwolle und Steppdecken. Um sich ein bankenunabhängiges und zukunftsorientiertes Bauerndasein zu ermöglichen, haben sie SHOAFship ins Leben gerufen. Bei SHOAFship können Mutterschafe gemietet werden. Man erhält Produkte, Informationen zum Schaf und die Möglichkeit, sein eigenes Schaf regelmäßig zu besuchen, als Gegenleistung. Wildmasthendl sind ein weiterer Betriebszweig. Sowohl bei den Schafen als auch den Hühnern legen sie Wert auf eine naturnahe Haltung mit viel Freilauf und stressfreier Schlachtung direkt am Hof.

Betriebsprofil

Arbeitsintensität und Haushaltseinkommen

Im Falle einer Neuausrichtung Ihres Betriebes, ist es wichtig, sich Überlegungen zur vorhandenen Arbeitskraft und Ihren Zielen bzgl. investierter Arbeit und Haushaltseinkommen zu machen. Folgende Fragen können behilflich sein:

  • Welche Arbeitskraft steht Ihrem Betrieb zur Verfügung?
  • Wollen Sie die investierte Arbeit in Ihren Betrieb erhöhen, eventuell den Betrieb im Vollerwerb führen?
  • Wollen Sie die investierte Arbeit in Ihren Betrieb verringern, eventuell den Betrieb im Nebenerwerb führen?
  • Welchen Beitrag zum Haushaltseinkommen soll der Betrieb liefern?

Christian Höfler leitet einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb. Hauptberuflich arbeitet er als Bauberater bei der LK Steiermark. Daher war es ihm wichtig, seinen Betrieb zeitextensiv zu bewirtschaften. Er hält ca. 20 Almo-Rinder („Almo" ist eine Marke für Qualitätsrindfleisch aus dem steirischen Naturpark Almenland), 8 Milchkühe und seit 2017 auch rund 40 Stück Rotwild auf vier Hektar, welche er unter dem Namen „Rotwüd" vermarktet. Stressfreie Schlachtung, effiziente Kühlkette, kurze Transportwege und qualitätsvolles Fleisch sind dem Landwirten sehr wichtig. Auf seinem Betrieb verfügt Christian Höfler über sämtliche Einrichtungen für die Weiterverarbeitung und Fertigstellung seines Produktes. Sein Betriebszweig ist demnach auf Direktvermarktung ausgelegt.

Nische statt Massenmarkt

Bei den Überlegungen zum eigenen Geschäftsmodell ist es wichtig, sich zu überlegen, welche Absatzstrategie Sie verfolgen und welchen Markt Sie bedienen wollen. Sie können sich dafür entscheiden, Ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse industriell weiterverarbeiten und die Vermarktung von Unternehmen durchführen zu lassen. In diesem Fall wird Ihr Stückpreis gering sein und Sie werden Ihren Gewinn über die produzierte Menge machen. Gerade in der Milchviehwirtschaft ist dies allerdings für viele Betriebe nicht mehr rentabel. Alternativ können Sie auf Qualität, ausgefallene Freizeit- und / oder Produktangebote setzen und einen Nischenmarkt bedienen. In diese Sparte fallen u.a. Wagyu-Rinder, Bisons, Büffel, Galloway- und Angus-Rinder, Yaks, Alpakas und Strauße. Hier ist es wichtig, die Nachfrage und das bereits bestehende Angebot genau zu prüfen, da der Markt meistens begrenzt ist.

Werner Hofer setzt auf seinem Betrieb „Ried am Bichlach" in Tirol auf die Produktion von qualitativ hochwertigem Rindfleisch. Als erster Bio-Betrieb in Tirol hat er 2012 mit der Wagyu-Zucht und 2015 mit der Vermarktung von Wagyu-Fleisch begonnen. Heute besitzt Werner Hofer 30 Wagyu-Rinder, welche gemeinsam mit Fleckvieh Mutterkühen und Milchkühen auf 17 ha Grünland weiden und im Sommer auf verschiedenen Almen der Kitzbühler Alpen grasen. Er vermarktet das Fleisch ab Hof, an die Grillakademie von Grillweltmeister Franz Gößing, den Grillverein „Grill-ABC", Bio-Regionalmärkte, Gastronomen und die Bio-Metzgerei Juffinger. Darüber hinaus setzt Werner Hofer eine weitere Innovation in der Fleischproduktion um - die „alte Kuh" (über zehn Jahre alte heimische Rinder hatten Zeit das Fett richtig einzulagern) und "Kalbfleisch Rosé" aus heimischen Rinderrassen. 2015 war er mit seinem Betrieb Landessieger beim Nachhaltigskeitspreis für viehhaltende Betriebe der LK Tirol.

Betriebsprofil


 
Expert*innenmeinung

 

Ein Grünland-Smoothie für die tierische Ernährung, Grünland als Rohstoff für Biogas oder Heupellets für die Biomasse-Heizung - können dies Alternativen zur Nutzung von Grünland sein? Ing. Reinhard Resch von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein erläutert in der zweiten Episode des Farm-Up-Talk-Podcasts die Chancen und Risiken verschiedener alternativer Verwertungswege, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen, und welche Kompetenzen Betriebe brauchen, um mit diesen erfolgreich zu sein. Hören Sie rein und lassen sich inspirieren!

Zum Podcast

 


 Mein Hof - Mein Weg Highlights

Kennen Sie schon den Innovationskompass? Dieser gibt Hilfestellung und Anleitung zum Beschreiten neuer Wege in der Land - und Forstwirtschaft.

Innovationskompass


 Veranstaltungstipps

Wie führen Gerhild und Thomas Koch ihre Schafzucht im Vollerwerb und was ist Shoafship?

Wie managt Christian Höfler seine Marke "Rotwüd" mit hofeigener Schlachtung und Direktvermarktung im Nebenerwerb?

Wie schafft es Werner Hofer über die Zucht von Bio-Wagyu-Rindern 50 % seines Einkommens zu erwirtschaften?

Neugierig geworden? - Sehen Sie sich die Aufzeichnung an!

Aufzeichnung Ideenacker#7

Literaturverzeichnis

Buchgraber, K., Häusler, J., und Ringdorfer, F., 2015. Nutzung und Erhaltung extensiver Grünlandstandorte in den Bergregionen. Abschlussbericht NUBE. HBLFA Raumberg – Gumpenstein.


Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), 2019. Ökologische Bewertung der Bewirtschaftung von Grünlandflächen hinsichtlich Nutzungsintensivierung und Nutzungsaufgabe. Wien.

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT), Abteilung II 1, 2021. Grüner Bericht 2021. Die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft. 62. Auflage, Wien.


 
Sie sind noch nicht für unseren Newsletter angemeldet?

Hier geht's zur Anmeldung

 

Die Links auf andere Seiten sind reine Wegweiser. LFI Österreich identifiziert sich nicht mit dem Inhalt dieser Seiten und übernimmt dafür keine Haftung.

 

voriger Übersicht nächster

weitersagen

ihre Innovations­berater:innen

Michael Hirtl
LK Tirol

Heidemarie Deubl-Krenmayr
LK Oberösterreich

Peter Stachel
LK Steiermark

Günther Mayerl
Green Care Österreich

Andrea Huber
LK Vorarlberg

Johann Schmid
LK Salzburg

Johanna Mostböck
LK Niederösterreich

Lena Krug
LK Wien

Bernhard Tscharre
LK Kärnten

Veronika Ploner
LK Oberösterreich, Bezirksbauernkammer KI SE

Hannah Mösenbichler
LK Salzburg

Julia Eberharter
LK Österreich

Wir sind

Volltext Suche

powered by webEdition CMS