Mit Fisch & Co wirtschaften - Möglichkeiten betrieblicher Standbeine für Ihren Betrieb

Welche Möglichkeiten gibt es in der Produktion von Wassertieren abseits des klassischen Fischteichs? Warum sollten Sie sich als landwirtschaftlicher Betrieb mit diesem Thema beschäftigen? In dieser Ausgabe des Trendradars beleuchten wir die aktuelle Situation der österreichischen Fischversorgung, Möglichkeiten, mit Fischen und anderen, nicht alltäglichen Wassertieren, zu wirtschaften, sowie deren Zusammenhang mit aktuellen Trends. Wie immer geben wir Beispiele von Betrieben, die diverse innovative Alternativen in der Produktion von österreichischen Wassertieren bereits erfolgreich umsetzen.

Trendradar 9 vom 6. März 2023

Wie sieht die aktuelle Situation der Versorgung mit Fisch & Co in Österreich aus?

Fisch ist mit seinem hohen Gehalt an Eiweiß, Vitamin D, Jod und je nach Fischart auch Omega-3 Fettsäuren ein beliebtes Lebensmittel. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch lag 2021 bei 8 Kilogramm. Der Gesamtverbrauch betrug 71.293 Tonnen, wovon 5.000 Tonnen in Österreich produziert wurden. Das entspricht einem Selbstversorgungsgrad von rund 7 % (Versorgungsbilanz Statistik Austria 2021). Betrachten wir neben Speisefisch auch Krebs- und Weichtiere, sinkt der Selbstversorgungsgrad auf nur etwa fünf Prozent. Der Bedarf wird also zu 94 % durch Importe gedeckt (BML 2023). Als Binnenland ist dies erstmal wenig überraschend. Dennoch hat die heimische Fischproduktion großes Wachstumspotential.

Heimische Fischproduktion hat Wachstumspotential aufgrund aktueller Trends

Konsument:innen greifen zunehmend zu regional produziertem Fisch. Dies hat diverse Gründe. Einerseits führt ein steigendes Gesundheitsbewusstsein dazu, dass Konsument:innen verstärkt zu Qualitätsprodukten greifen, auch wenn diese höherpreisig sind. Andererseits weisen Konsument:innen ein zunehmendes Umweltbewusstsein auf und sind bereit mehr Geld für nachhaltig produzierte Lebensmittel auszugeben.

Heimische Fischproduktion kann beide Trends hervorragend bedienen. Österreichs Gewässer und Leitungswasser weisen eine ausgezeichnete Wasserqualität auf, was die Grundlage einer qualitativ hochwertigen Fischzucht ist. Kurze Transportwege sind naheliegend bei Fisch aus Österreich und auch Überfischung ist bei Aquakulturen kein Thema. Hinzukommen neue Produktionsmethoden in der Fischzucht wie Indoor-Kreislaufanlagen und Aquaponik Systeme, welche die natürlichen Ressourcen optimal nutzen.

Möglichkeiten in der Aquakultur – welche Systeme und Produkte haben sich bewährt?

Kreislaufanlagen

In Wasserbecken werden Fische gehalten. Das Wasser wird in einem ständigen Kreislauf geführt und über mechanische Filter und Biofilter laufend gereinigt und mit Sauerstoff angereichert. So gelingt es, die Frischwasserzufuhr pro Tag bei unter 10 Prozent zu halten und damit wassersparend zu wirtschaften. Ein weiterer positiver Aspekt der Kreislaufanlagen: aus einem Kilogramm Futter kann ein Kilogramm Fisch produziert werden. Fische sind einerseits gute Futterverwerter, andererseits gibt es in Kreislaufanlagen im Gegensatz zu Teichen keine Futterverluste durch andere Tierarten. Geschlossene Aquakulturanlagen erlauben überdies die Zucht verschiedenster Fischarten, auch sogenannte „Alien Species", also nicht heimische und gebietsfremde Fischarten, können dadurch in Österreich produziert werden.

Die Fische von Michael & Caroline Wesonig bzw. ihrem Betrieb "Michis frische Fische" sind echte Steirer. Ihre Fische sind hier geboren, wachsen hier auf und werden hier veredelt und das zu 100 % Bio! Sie züchten unter anderem Saiblinge, Gebirgsgarnelen und Meeresfische. Während die Saiblinge in eiskaltem Quellwasser in Außenbecken heranwachsen, werden die Meeresfische in Indoor-Kreislaufanlagen gezüchtet. Sie schwimmen in Salzwasserbecken, welche ausschließlich mit Mineralien angereichert sind. Die Familie Wesonig produziert aus den Fischen eine vielseitige Produktpalette, vom klassischen Fischfilet bis hin zu Fertiggerichten wie Fisch Curry und Koreanischem Fischeintopf, welche sie u.a. über ihren Online-Shop vermarkten.

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Aquaponik

Ein Sonderfall der Aquakultur ist die Aquaponik – bei diesem System wird das Wasser im Kreislauf, angereichert durch die Ausscheidungen der Fische, zusätzlich für die Nährstoffversorgung von Pflanzen genutzt. Das Wort Aquaponik setzt sich zusammen aus Aquakultur (Fischproduktion) und Hydroponik (Pflanzenproduktion in Nährlösungen ohne Erde). Das Fischwasser wird in einer Filteranlage aufbereitet und dann in Becken geleitet, aus welchen wiederum Pflanzen wie z.B. Paradeiser, Paprika usw. über ihre Wurzeln wichtige Nährstoffe aufnehmen können. Die Pflanzen übernehmen einen wichtigen Teil der Wasserreinigung. Das gereinigte Wasser läuft wieder zurück in die Fischbecken. Von diesem Zusammenspiel profitieren einerseits das Gemüse durch den wertvollen Dünger der Fische und andererseits die Fische durch die Wasserfiltration, wodurch höchste Wasserqualität gewährleistet wird. So entsteht ein wasser- und nährstoffsparender Kreislauf.

Im Herzen Niederösterreichs lassen Simon Kaiblinger und seine Frau afrikanische Raubwelse in einem Aquaponiksystem auf ihrem Betrieb "Wassergarten" heranwachsen. Hierbei steht der Fisch mit dem Gemüse im Einklang und gedeiht in ein und demselben Wasserkreislauf zu einem schmackhaften, zarten Speisefisch heran. An Gemüse produzieren die beiden alles, was gerade Saison hat, u.a. Paradeiser, Melanzani, Vogerlsalat, Paprika und Kohlrabi. Gemüse und Wels verarbeiten sie weiter und produzieren Spezialitäten wie in Gin oder Essigbad eingelegten Wels mit Gemüse, welche sie u.a. über ihren Online-Shop vermarkten.

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Produkte für Feinschmecker:innen

Die Fischzucht bietet auch Möglichkeiten für Feinschmeckerprodukte, welche im oberen Preissegment angesiedelt sind. In Österreich werden u.a. Kaviar und Garnelen (siehe auch Michis frische Fische) produziert. Bei dieser Art von Nischenprodukten ist es wichtig, die Nachfrage und das bereits bestehende Angebot genau zu prüfen, da der Markt meistens begrenzt ist. Bei gegebener Nachfrage kann mit Feinschmeckerprodukten durchaus eine hohe Wertschöpfung erzielt werden.

Der Betrieb "Alpenkaviar" von Helmut Schlader liegt am Rande des Nationalparks Kalkalpen im Steyrtal in Oberösterreich. Kristallklares Kalkalpenwasser aus eigener Quelle und sein Wissen um Natur und Tiere sorgen für beste Aufzuchtbedingungen für die Sibirischen Störe und Sterlet. "Taste the Moment" ist das Motto von Helmut Schlader für seinen Alpenkaviar, der in Handarbeit geerntet und verarbeitet wird.

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Expert*innenmeinung

Der Selbstversorgungsgrad bei Speisefisch, Krebs- und Weichtieren liegt bei etwa 5 %. Wie kann Fisch in Österreich ressourcenschonend und nachhaltig erzeugt werden? Lukas Gansterer, Geschäftsführer der Blün GmbH, erzählt in der vierten Episode des Farm Up Talk - Podcasts von Aquaponik, ein System welches Fisch- und Pflanzenproduktion in ein und demselben Wasserkreislauf kombiniert. Hören Sie rein und lassen sich inspirieren!

Zum Podcast

 


 
Veranstaltungstipps

Simon Kaiblinger vom "Wassergarten" in Niederösterreich stellt ihr Aquaponik-System vor. Caroline Wesonig von "Michis frische Fische" aus der Steiermark erzählt von der Zucht von Saiblingen, Gebirgsgarnelen und Meeresfischen, letztere in Indoor-Salzwasserbecken. Helmut Schlader von "Alpenkaviar" berichtet von seinem Kaviar von sibirischen Stören und Sterlet.

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